Dez 06

Morbus Crohn, mein Dickkopf und ich

Da bin ich mal wieder. Nach langer Zeit, sehr guter Zeit muss ich sagen.

Oft habe ich hier auf diesem Blog über das Thema Balance geschrieben. Die Balance die Erkrankung, die man hat, zu verstehen, sie ernst zu nehmen, aber sein Leben davon aber wiederum nicht bestimmen zu lassen oder sich darüber zu definieren.

Die Balance sich Ziele zu setzen, diese zu verfolgen, aber auch mal einzusehen, wann es besser ist mal kurz eine ungeplante Pause einzulegen bevor man einen kompletten „Crash“ riskiert.

Die Balance aber nicht zu übervorsichtig zu sein, auch mal was zu riskieren, aber trotzdem die nötige Sicherheit zu haben sich selbst nicht zu übernehmen und eine Verschlimmerung des Zustands zu provozieren.

Wisst ihr was ich meine?

Und das Ganze habe ich seit der Diagnose immer noch irgendwie mit meinem fürchterlichen Dickkopf in Einklang bringen müssen 

Herausfordernd sage ich Euch. Höre aber von einigen, dass man häufig selbst die Person ist, die sich den größten Druck macht – sei es privat oder beruflich.

Im Laufe der Jahre seit der Diagnose habe ich gefühlt einiges dazu gelernt. Stelle man sich eine zeitliche Verlaufskurve an und würde dort die positiven und negativen Phasen einzeichnen. Werden die Abstände zwischen den Tiefs mit der Zeit länger und die Tiefpunkte sind auch weniger tief angesetzt als es noch kurz nach der Diagnose war.

Dies mag zum Einen an den Therapien liegen, aber zum Anderen sicherlich daran, dass man sich und die Erkrankung besser kennengelernt hat. Ich habe gelernt achtsamer zu sein ohne mich dabei verrückt zu machen ständig in mich hinein hören zu müssen.

Eine weitere Lektion war mal „nein“ zu sagen. Das war gar nicht so leicht, wenn man eine starke Außenorientierung und einen perfektionistischen Selbstanspruch hatte.

Mit der Zeit konnte ich immer besser unterscheiden zwischen kleineren Bauchzickereien und ernstzunehmenden Symptomverschlechterungen. Früher stand mir hier häufig mein Dickkopf im Weg. Denn, wenn man dickköpfig, was durchziehen möchte blendet man gern mal das ein oder andere Negative aus. Dieses Ignorieren kann aber auch ganz übel nach hinten losgehen.

Ich bin ein absoluter Fan von einer guten Eigenmotivation und ambitionierten Vorhaben – bitte nicht falsch verstehen. Niemand soll denken, dass die Lösung ist sich keine Ziele mehr zu setzen oder ehrgeizig zu sein. Ganz und gar nicht. Meine Erfahrungen haben nur gezeigt, dass es gesünder ist dort eine Flexibilität zu zulassen.

Häufig hab auch ich noch Schwierigkeiten damit zu zeigen, dass ich krank bin. Insbesondere, wenn es eine Zeit lang richtig gut lief und ich meine die Welt erobern zu können.

Es kostet Überwindung die Hand zu strecken und zu sagen: „nein, ich brauche eine Ruhepause“. Aber ehrlich gesagt lieber früher pausieren anstatt den großen Knall abzuwarten.

Mit einer chronischen Erkrankung neigt man dazu einiges an Symptomen zu tolerieren. Das ist stark. Aber ab einem gewissen Punkt besteht die Stärke darin mal auf Stopp zu drücken und ehrlich zu reflektieren wie es einem aktuell geht und, was jetzt das Beste für einen selbst wäre.

Aus dem Tolerieren darf kein Ignorieren werden. Die Kunst ist es die Balance zu finden, sich nicht runterziehen zu lassen, Stärke zu zeigen, positiv zu sein und dabei trotzdem noch die nötige Sensibilität zu haben, wenn man dann mal Luft holen & Regenerieren muss.

Das ist nicht leicht und ich beherrsche diese Kunst auch nicht vollkommen. Aber wie schon gesagt die negativ Ausschläge werden weniger und weniger schlimm… das zeigt mir, dass ich so auf dem richtigen Weg bin.

Zwar bin ich für einen Moment traurig, wenn es mal nicht so läuft wie gewünscht, ich einen Plan anpassen oder eine Verabredung verschieben muss. Aber ich ärgere mich nicht lang darüber. Denn ich weiß im Inneren, dass es richtig war. Ich habe noch nie bereut die Hand gestreckt zu haben – ganz ehrlich ich habe eher mal bereut, dass ich es nicht schon viel früher getan habe!

Und je früher ich mir die Regeneration gönne, die Entzündung nicht zu sehr aufflammen lasse, desto früher kann ich wieder gestärkter an meinen Zielen arbeiten.

Genieße die guten Tage, sei positiv und lass dich nicht so schnell unterkriegen. Sei aber auch ehrlich zu Dir, wenn Du mal eine Pause brauchst. Und hab das Selbstbewusstsein sie dir zu nehmen. Und, wenn es dann mal soweit ist – nicht lang ärgern! Das macht es nur schlimmer!

Tu Dir was Gutes und sei stolz auf Dich. Denn Du weißt Du wirst wieder gestärkt daraus hervorgehen.

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