Aug 01

Danke für die Diagnose. Und was jetzt?

Vor der Diagnose Morbus Crohn hatte ich einen jahrelangen Arzt-Marathon hinter mir. Die Beschwerden und die daraus resultierende Verunsicherung & Ratlosigkeit begleiteten mich schon eine lange Zeit. Die tatsächliche Diagnose hat sich fast sieben Jahre hingezogen.

Ständig immer mal wieder wiederkehrende Schmerzen, plötzlich auftretende Durchfälle, Erbrechen und Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Mehrfach stellte ich die Ernährung um. Mithilfe eines Atemtestes wurden Intoleranzen bestätigt und bei weiteren Allergietests eine Kreuzallergie zu Möhre und Tomate, wenn die Hasel blüht diagnostiziert. Kein Scherz.

Häufig fragte ich mich, ob das alles so stimmen kann und das die Ursache für meine Beschwerden sein kann. Also nochmal die Ernährung umgestellt und erneut geschaut wie es mir geht. Zwischendurch immer mal wieder notfallmäßig zum Arzt oder ins Krankenhaus aufgrund von starken Schmerzen.

Außer ein bisschen was entkrampfendes und noch mehr Verunsicherung bekam ich hierdurch nicht.

Und dann war er der Moment, an dem ich selbst anfing zu glauben, dass es mein „Kopf“ ist. Denn das bekam ich häufiger zu hören. Das ist bestimmt Stress. Mach dich nicht so verrückt. Achja, Du hast ja Prüfungen, das kann mal vorkommen….

Bis zu dem Tag, an dem gar nichts mehr ging. Nach 3 Tagen auf der Toilette, nahmen mich meine Eltern völlig entkräftet nd verzweifelt zu ihrem Arzt mit. Und auf einmal nach dem ich Jahrelang im Dunkeln tappte… kam dieser Arzt mit der Verdachtsdiagnose CED, welche sich durch eine in den nächsten Tagen durchgeführte Koloskopie bestätigte.

DANKE. Der Übeltäter hat endlich einen Namen und ich bin nicht verrückt!!

Sehr sehr gutes Gefühl im ersten Moment. Und dann stellt sich kurz darauf ein ganz komisches Gefühl ein.

Kurz nach der Diagnosestellung habe ich in den ersten Wochen gar nicht realisieren können, um was für eine Krankheit es sich handelt. Zwar hatte das Kind einen Namen, aber zum Beispiel die Erkenntnis, dass dies eine chronische Krankheit ist, habe ich anfangs nicht wahrgenommen bzw. unbewusst ausgeblendet.

Nach einiger Zeit wechselte dieses Scheuklappen-Gefühl zu einer hohen Wissbegier.

Ich wollte mich genau informieren: was ist eine CED eigentlich überhaupt? Was bedeutet das für mich? Wie finde ich einen Alltag, mit dem ich klarkomme?

Da waren sehr viele Fragen vom Verhaltensweisen, der Ernährung, den Therapiemöglichkeiten und zu meinem Belastungslevel. Ich war nämlich von jetzt auf gleich nicht mehr belastbar, dies war für mich ein völlig unbekanntes Unterfangen.

In den ersten Monaten nach der Diagnose ging es mir sehr schlecht. Ich ging zum Arzt und wurde mit den Möglichkeiten, die sich mir boten, sehr gut betreut. Trotzdem fühlte ich mich allein gelassen.

Im Internet habe ich die eine oder andere Information bekommen. Aber dies war nicht nur hilfreich sondern schürte auch neue Ängste. Vor allem in manchen Foren kursieren alle möglichen Meinungen und Kommentare.

Auf der anderen Seite bekam man Hochglanzbroschüren, auf denen gut aussehende Menschen oder Salatblätter abgebildet sind, wo man sich dann denkt, so etwas kann ich ja nun überhaupt nicht essen, und dann fühlt man sich nicht abgeholt.

Nach einer gewissen Zeit kann man differenzieren, was eine gute und eine weniger gute Quelle ist. Ich habe mir später teilweise medizinische Sachbücher gekauft, weil ich verstehen wollte, was die Erkrankung genau ist und was mit mir los ist.

Mittlerweile gibt es auch gute Angebote im Internet. Sie greifen genau die richtigen und wichtigen Aspekte auf.

Auf der einen Seite bieten sie ein gutes Portfolio an Informationen und an Informationsquellen. Zudem merkt man durch die Erfahrungsberichte von anderen Patienten, dass man nicht allein ist mit den Problemen und den Ängsten, die einen beschäftigen.

Es gibt heute schon gute Quellen, aber sie müssen transparenter gemacht werden. Wenn mir mein Arzt damals geraten hätte, auf welchen Webseiten ich mich umschauen könnte, hätte mir das sehr weitergeholfen.

Ich will auch nicht alles auf den Arzt abwälzen, aber generell sollten wir schauen, dass jemand, der so eine Diagnose bekommt, von irgendwie abgeholt wird.

Diesen Blog begann ich zu schreiben, um meine Erfahrungen zu teilen, und auch so in einen Austausch mit anderen Betroffenen zu kommen. Ich freue mich sehr, dass wir uns hier austauschen können und ich Feedback bekomme.

Ich kann und will keine Therapien oder Sonstiges empfehlen und versuche natürlich auch sehr stark, aus meiner Perspektive zu sagen, was mir selbst gut getan hat. Aber das allein hilft schon weiter. Allein abgeholt und verstanden zu werden, tut mir und – ich hänge mich mal aus dem Fenster – Euch auch gut, oder?

Ich hätte damals nicht gedacht, dass mein Blog so einen Anklang findet. Es funktioniert ja auch in beide Richtungen: nicht nur ich berichte, sondern über diesen Austausch kann auch ich wiederum neue Informationen bekommen. Ich bin sehr dankbar, wenn auch ihr mich um Eure Erfahrungen bereichert.

Mittlerweile gibt es schon mehrere Blogger, die sich mit der CED beschäftigen. Dies diesem finde ich eine sehr schöne Entwicklung. Schön finde ich auch, dass wir fast alle miteinander vernetzt sind.

Häufig geht es auch einfach darum Anderen Mut zu machen. Es passiert vieles im Kopf. Wichtig ist, dass man sich mit der Krankheit arrangiert, dass man sie akzeptiert und für sich schaut, dass man das Beste daraus macht.

Das wollte ich einfach nochmal festhalten. 🙂

Insbesondere für frisch diagnostizierte möchte ich anbieten mich anzuschreiben oder den Kontakt auch über unsere Vereinsseite www.chronisch-glücklich.de zu suchen.

Vielen Dank!

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