Aug 27

Achtsam sein, wie geht das?

Mit dem Begriff der Achtsamkeit kam ich erst nach meiner Diagnose in Berührung. Zuvor hatte ich mich bestimmt in Teilbereichen meines Lebens achtsam verhalten doch nicht bewusst. 

Mir tat es sehr gut mich intensiver mit dieser auseinander zu setzen und mir selbst gewahr werden zu lassen in welchen Bereichen ich meine Achtsamkeit noch erhöhen kann. Denn ein bestimmter Grad an Achtsamkeit lässt mich leichter mit dem Morbus Crohn leben. 

Ich schütze mich so selbst vor zuviel Stress und erkenne Körpersignale immer besser. So kann ich mich danach verhalten und mir selbst etwas Gutes tun. 

Auf die Frage, was Achtsamkeit ist, wird man sehr wahrscheinlich recht unterschiedliche Antworten bekommen. Es herrschen verschiedene Definitionen aus zum Beispiel dem buddhistischen Umfeld oder auch den Achtsamkeitstrainings zur Stressbewältugung vor. 

Aber einige Punkte haben die verschiedenen Definitionen gemein. Es geht um eine „Lenkung der Aufmerksamkeit“, welche beabsichtigt und bewusst stattfindet. Die Aufmerksamkeit wird auf die Gegenwart, den jeweiligen Augenblick gelenkt. Dies führt zu einer besonderen Qualität von Präsenz. Achtsamkeit wird auch als Erwachen eines „inneren Beobachters“ charakterisiert. 

Aber wie bin ich nun achtsam? 

Jeder von uns hat unterschiedliche Möglichkeiten Achtsamkeit in seinen Alltag zu integrieren. Grundsätzlich unterscheidet man hier zwischen der formalen und der informellen Praxis. Die formale Praxis meint, dass man sich bewusst geplant regelmäßig eine Auszeit nimmt – eine Pause vom Alltag. Diese kann von ein paar Minuten bis hin zu einem ganzen Tag oder sogar mehreren Tagen andauern. In der formalen Praxis können Erfahrungen gemacht werden, die im allgemeinen Trubel des Alltags nicht möglich sind. Jedoch ist es wesentlich die Achtsamkeit auch in seinem Alltag zu praktizieren. Je häufiger Du die formale Praxis angewandt hast, desto leichter fällt es Dir achtsam im Alltag zu sein. 

Es ist wie mit dem Fahrradfahren. Wenn Du es lernst, dann konzentrierst Du Dich komplett nur auf den Vorgang, Lenker richtig halten, treten, Gleichgewicht halten… Hast Du es irgendwann raus, dann fährst Du einfach und kannst nebenbei noch die Aussicht genießen. Nur in schwierigen Situationen, auf holprigen Wegen konzentrierst Du Dich wieder stärker auf Deine Technik, Dein Fahren an sich. 

Genauso empfinde ich es mit der Achtsamkeit. Ich musste es zunächst lernen. Mir mehr Zeit dafür nehmen mich darauf einzulassen. Ich plane mir Entspannungszeit, Zeit für mich ein, aber nebenbei bin ich trotzdem jeden Tag ganz Ohr und merke schneller als früher, wenn mir mein Körper Signale sendet. Nach ein paar Tagen mit vielen Terminen, plane ich mir ruhigere Tage ein. Selbst, wenn es mir richtig gut geht, bewahre ich die Disziplin mich dann nicht zwingend irgendwo noch was weiteres fest vorzunehmen. Lieber schaue ich dann, ob es mir nach den anstrengenden Tagen gut geht. Wenn ja, dann kann ich mich immernoch verabreden. Wenn nein, dann nutze ich die Zeit zur Regenierung und bin froh, dass ich mich vor einer Überforderung geschützt habe. 

Also regelmäßige formale Praxis hilft insgesamt achtsamer zu sein und es mit der Zeit immer selbstverständlicher werden zu lassen. Du lernst auch zwischendurch mal innezuhalten, bewusst zu atmen, die Vogelperspektive einzunehmen, den Körper zu spüren oder sich gelegentlich die Zeit für eine Mini-Übung zu nehmen. Es gibt hier unterschiedliche Übungen, die Dir dabei helfen. Nicht jede ist jedermanns Sache. Hier heißt es wieder probieren. Schaue, was Dir gut und was Dich vielleicht sogar stresst. Denn sich selbst irgendwas aufzudoktrieren, mit dem man sich nicht wohlfühlt, ist nicht zielführend. Finde die passende Achtsamkeitsmethodik für Dich selbst heraus.

Das Gegenstück zur formalen Praxis ist die informelle Praxis, in der es darum geht Tätigkeiten des alltäglichen Lebens bewusster zu erleben. Du duscht dann achtsam, in dem Du diesen Moment nicht nur einfach tust, sondern ihn bewusst erlebst… Ich finde zum Bespiel duschen super entspannend…Ich spüre wie das Wasser an meinem Körper hinunter fließt, ich atme tief ein und aus, schließe die Augen, konzentriere mich auf das, was gerade passiert und streife bzw. „wasche“ sinnbildlich den Stress des Tages ab. Sehr befreiend vor allem auch bei Schmerzen. Seine Konzentration bewusst auf etwas anderes zu lenken. 

Aber nicht nur das achtsame Zähneputzen, aufräumen oder Treppe steigen gehört zu der informellen Praxis, sondern auch Achtsamkeit im Kontakt mit seinen Mitmenschen zu sein. Wenn ich zum Beispiel merke, dass sich ein Gespräch unangenehm entwickelt, hilft es mir kurz innezuhalten und anschließend auf andere Art weiterzumachen. 

In Verbindung mit dem Morbus Crohn habe ich gelernt achtsam zu sein und zu lernen, was mir gut tut und, was mir nicht gut tut. Es hilft mir sehr bei der Stressbewältigung und auch beim Deuten meiner Körpersignale. Ich höre auf meinen Bauch, ob mein Körper Ruhe braucht oder ich weitermachen kann. 

In vielen Situationen hilft es Dinge achtsamer anzugehen. Jedoch ist auch hier das richtige Maß entscheidend. Überachtsamkeit ist sicherlich auch nicht gesund und kann auch wieder Stress erzeugen. Hier haben wir wieder das Thema mit der Balance. Es sollte die Waage haben. 

Mir persönlich hat es sehr geholfen mich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Dadurch habe ich einige Fortschritte erzielen können. Ich hoffe Euch geht es auch so! Habt ihr Erfahrungen damit? 

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